MAMMA ROMA
Regie: Pier Paolo Pasolini
IT, 1962, 105 min., OmU, FSK: 12
Als ihr Zuhälter und Vater ihres Kindes eine andere Frau heiratet, versucht Mamma Roma (Anna Magnani) die Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein neues Leben anzufangen: Sie zieht mit ihrem 16-jährigen Sohn, der auf dem Land in einem Internat aufgewachsen ist, in eine bürgerliche Gegend und betreibt einen Gemüsestand. Das neue gemeinsame Leben entpuppt sich als spannungsgeladener als geplant, und plötzlich erscheint auch der Zuhälter Carmine wieder, inzwischen von seiner neuen Frau getrennt, und stellt sie vor ein Ultimatum.
Inhalt
Inhalt
Als ihr Zuhälter und Vater ihres Kindes eine andere Frau heiratet, versucht Mamma Roma (Anna Magnani) die Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein neues Leben anzufangen: Sie zieht mit ihrem 16-jährigen Sohn, der in einem Internat aufgewachsen ist, in eine bürgerliche Gegend und betreibt einen Gemüsestand. Ihr Sohn Ettore schließt sich einer Gruppe Jugendlicher an und verliebt sich in die ältere Bruna, was seiner Mutter misfällt. Unerwartet taucht ihr Zuhälter, Carmine, wieder auf und stellt sie vor ein Ultimatum: Entweder prostituiert sie sich wieder für ihn, oder er erzählt Ettore die Wahrheit über seine Mutter.
Credits
Stabliste
Regie Pier Paolo Pasolini
Buch Pier Paolo Pasolini
Kamera Tonino Delli Colli
Schnitt Nino Baragli
Musik Carlo Rustichelli
Produktion Alfredo Bini
Mit Anna Magnani, Ettore Garofolo, Franco Citti, Silvana Corsini, Luisa Loiano, Paolo Volponi etc.
Pressestimmen
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Er suchte die Widersprüche und ging an ihnen zugrunde: Berlin ehrt Pasolini
Am 5. März vor 100 Jahren wurde Pier Paolo Pasolini geboren. Einige seiner Werke laufen aus diesem Anlass wieder in Berliner Kinos.
Den einen gilt er als Dorftrottel, den anderen als Heiliger. Der Blick dieses jungen Mannes namens Lazarro ist stets offen und fragend, er will immer helfen, doch steht er meistens im Weg. Er lebt als ein Mensch ganz ohne Harm, schwebt fast über die Insel Inviolata, die seine Heimat ist. Doch schnell wird klar, dass dieses Eiland nicht unberührt im Mittelmeer schlummert. Im Gegenteil: Hier tobt sich der Hyperkapitalismus auf besonders perfide Weise aus. Der engelsgleiche Hilfsarbeiter gerät bald zwischen alle Fronten. „Glücklich wie Lazzaro“ (2018) ist einer der wichtigsten Filme der Reihe „Comizi d'autore – Zeitgenössische italienische Filmemacher*innen auf den Spuren von Pier Paolo Pasolini“, die im Kino Arsenal anlässlich des Geburtstags des Filmemachers am 5. März vor 100 Jahren stattfindet.
Alice Rohrwachers Kaspar-Hauser-Gleichnis läuft im Doppelpack mit Pasolinis Matthäus-Evangelium von 1964. Was Sinn ergibt - beide Arbeiten erzählen Passionsgeschichten. Darüber hinaus verbindet sämtliche Filme der Reihe ein durchweg humanistischer Grundton, der die eigentliche Essenz von Pasolinis Schaffen ausmacht. Der offen schwul lebende katholische Kommunist (1922-1975) war nie ein menschelnder Didaktiker. Ihn interessierten die allgegenwärtigen Abgründe ebenso wie überraschende Momente von Erhabenheit. Seine Provokationen waren Liebesbekenntnisse. Er begab sich mitten hinein in diese Widersprüche, ging letztlich an ihnen zugrunde.
Die Schönheit in der Psychiatrie
Das Werk Pasolinis am Leben zu halten, hat sich auch ein kleiner Berliner Verleih mit dem programmatischen Namen „missing FILMs“ zur Aufgabe gemacht. Am Jubiläumstag wird auf seine Initiative hin in fast zwanzig Kinos „Mamma Roma“ von 1960 gezeigt. Diese zweite Arbeit des Regisseurs steht essentiell für seinen empathischen Blick auf diejenigen, die sonst nur mit Verachtung gestraft werden. Er erzählt eine herzergreifend traurige Geschichte aus der Welt der Huren, Betrüger, Diebe und Zuhälter, ganz ohne Spekulation oder Voyeurismus. Anna Magnani – seit Roberto Rossellinis „Rom, offene Stadt“ (1945) die Ikone des Neorealismus – spielt hier eine Prostituierte, die sich mit aller Macht aus dem „Milieu“ befreien will, um ihrem schon 16-jährigen Sohn Ettore eine bessere Zukunft zu ebnen. Sie bezieht eine Wohnung in kleinbürgerlicher Umgebung, kauft einen mobilen Obststand, spart sich jede Lira vom Munde ab. Doch ihr Sohn bewegt sich bereits auf den abschüssigen Pfaden seines Vaters, des Zuhälters. Das Versprechen vom sozialen Aufstieg erweist sich als leer.
Es gibt in diesem Film Augenblicke von bestürzender Schönheit, die gleich neben Bildern des Untergangs stehen, mehr noch, die aus diesem wachsen und wieder in ihn zurückfließen. Als Ettore nach einem schäbigen Diebstahl und einem Selbstmordversuch in der Psychiatrie landet, rezitiert einer der Mit-Insassen aus Dantes „Inferno“. Kurz darauf erklingt Vivaldi. Man muss das im Kino erleben, um zu glauben, dass dieser Moment nicht in Kitsch umkippt.
Pasolinis „Mamma Roma“ wird am 5. Februar in mehreren Berliner Kinos gezeigt. Die Reihe „Comizi d’autore“ läuft noch bis zum 29. März im Kino Arsenal.
Berliner Zeitung, Claus Löser
Biografie
Biografie
Pier Paolo Pasolini (*1922, †1975) war ein italienischer Regisseur, Dichter und Publizist. Als Sohn des Berufsoffiziers Carlo Alberto Pasolini und der Volksschullehrerin Susanna Colussi in Bologna geboren und aufgewachsen, studierte er zunächst Kunstgeschichte, brach sein Studium jedoch während des zweiten Weltkriegs ab. Nach dem Krieg arbeitete er als Volksschullehrer im friaulischen Casarsa della Delizia, zog 1950 mit seiner Mutter nach Rom und begann seine schriftstellerische Tätigkeit, u. a. Mitarbeit an Drehbüchern für Luis Trenker, Mauro Bolognini und Federico Fellini.Im Jahr 1961 debütierte Pasolini als Filmregisseur mit "ACCATTONE", einem Film, der abermals das Thema städtischer Randgruppen aufgriff und tragisch inszenierte. In den folgenden Jahren absorbierte das Kino fast seine gesamte Schaffenskraft, die sich erneut der römischen Lebenswelt zuwandte ("MAMMA ROMA", 1962; "LA RICOTTA", 1963). Filme wie "DAS ERSTE EVANGELIUM" (1964) und "GROSSE VÖGEL, KLEINE VÖGEL" (1966) propagierten eine einzigartige Verbindung christlicher und marxistisch-sozialer Moralvorstellungen. Durch sie zog Pasolini zwar die permanente Kritik seitens des katholischen Italien auf sich, zugleich gelang es ihm jedoch durch sein intensives journalistisches Engagement trotz aller ihm entgegengebrachten Ablehnung in ständigem Dialog zur italienischen Gesellschaft zu bleiben.
Die um 1968 entstandenen Filme Pasolinis nahmen auf indirekte Weise, in symbolisch-sakralen Mythenerzählungen auf die Probleme des Generationenkonflikts und des Reformwillens der jungen Generation Bezug. In seinen politisch-journalistischen Schriften jener Jahre nahm er sowohl gegen das bürgerliche Aufbegehren der 68er Bewegung als auch gegen die christdemokratische Führungsklasse Italiens Stellung. Gegenüber den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen seiner Zeit, der sexuellen Liberalisierung und zunehmenden Kommerzialisierung der Gesellschaft, blieb Pasolini auf kritischer Distanz.
"DIE 120 TAGE VON SODOM" (1975), in dem Pasolinis Argwohn gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft und die daraus resultierende intellektuelle Einsamkeit ihren höchsten Ausdruck fand, blieb der letzte Film des Schriftstellers und Regisseurs. Im selben Jahr wurde Pier Paolo Pasolini am Strand von Ostia bei Rom ermordet. Er starb in der Nacht vom 1. auf den 2. November 1975.
FILMOGRAFIE (Auswahl)Accattone - Wer nie sein Brot mit Tränen aß (Accattone, 1961)Mamma Roma (1962)Der Weichkäse (La ricotta, 1963)Das erste Evangelium - Matthäus (Il vangelo secondo Matteo, 1964)Große Vögel, kleine Vögel (Uccellacci e uccellini, 1966)Edipo Re - Bett der Gewalt (Edipo Re, 1967)Teorema - Geometrie der Liebe (Teorema, 1968)Decameron (Il Decameron, 1971)Pasolinis tolldreiste Geschichten (I racconti di Canterbury, 1972)Erotische Geschichten aus 1001 Nacht (Il fiore delle mille e una notte, 1974)Die 120 Tage von Sodom (Salò o le 120 giornate di Sodoma, 1975)Interview
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Kinostart: 05. März 2022 (100 Jahre Pier Paolo Pasolini)
BERLIN
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