Carré 35
Regie: Eric Caravaca
FR/DE 2017, 67 min., Farbe, OmU, FSK: 12
Der Dokumentarfilmer Eric Caravaca macht sich auf die Spuren seiner mit drei Jahren verstorbenen großen Schwester. Seltsamerweise erzählte seine Familie so gut wie gar nichts über sie und selbst die Eltern haben nicht ein einziges Foto von ihr aufbewahrt. Auf den Spuren eines geheimnisvollen vergessenen Lebens, öffnet er geheime Türen und lässt uns an einer leidenschaftlichen und zu tiefst menschlichen Suche teilhaben.
Inhalt
Inhalt
Der Dokumentarfilmer Eric Caravaca macht sich auf die Spuren seiner mit drei Jahren verstorbenen großen Schwester. Seltsamerweise erzählte seine Familie so gut wie gar nichts über sie und selbst die Eltern haben nicht ein einziges Foto von ihr aufbewahrt. Auf den Spuren eines geheimnisvollen vergessenen Lebens, öffnet er geheime Türen und lässt uns an einer leidenschaftlichen und zu tiefst menschlichen Suche teilhaben.
Credits
Stabliste
Regie: Eric Caravaca
Drehbuch: Éric Caravaca, Arnaud Cathrine
Kamera: Jerzy Palacz
Schnitt: Simon Jacquet
Musik: Florent Marchet
Ton: Guillaume Sciama, Antoine-Basile Mercier, Frédéric Messa
Produzent: Laetitia Gonzalez, Yaël Fogiel
Koproduzent: Nicole Gerhards
Produktion: Les Films du Poisson
Koproduktion: NiKo Film
Pressestimmen
Pressestimmen
DIE VERDRÄNGTE SCHWESTER
Familienforschung: Eric Caravaca spürt in "Carré 35" einem Geheimnis seiner Eltern nach.
Wie wird das sein, wenn die Kinder der Kinder von heute eines Tages versuchen, etwas über ihre Eltern herauszufinden? Werden sie dann noch jeden missratenen Tweet, jedes unvorsichtig gepostete Partyfoto auftreiben, oder wird der technologische Fortschritt so gründlich aufgeräumt haben, dass sogar jene Bilder verloren sein werden, die man gerne noch einmal betrachtet hätte? Es ist schwer, darüber Prognosen abzugeben. Früher hat kaum jemand sein Leben auf Schritt und Tritt dokumentiert. Als die Eltern des französischen Schauspielers Éric Caravaca in den Fünfzigerjahren in Casablanca heirateten, hielt eine Kamera fest, wie sie die Stufen vor der Kirche herabschritten. Für diese Zeit ist das auf jeden Fall ungewöhnlich.
Éric Caravaca macht sich in seinem Film "Carré 35" auf die Suche nach Spuren seiner Schwester - irgendwie weiß er, dass es dieses Mädchen gegeben hat, noch bevor er und sein Bruder geboren wurden. Aber viel mehr weiß er nicht. Die Angaben seiner Eltern auf Nachfrage sind spärlich und trotzdem widersprüchlich. Das Todesdatum steht fest, aber nicht der Tag der Geburt. Wie alt war Christine denn nun, als sie gestorben ist, vier Monate oder drei Jahre? Die Mutter erzählt widerwillig von dem Tag, als sie das Kind tot in seinem Bettchen fand, beschreibt, wie es dalag. Caravaca schaut in den Pässen seiner Eltern nach, und die Stempel besagen: Sie waren überhaupt nicht in Casablanca, als Christine gestorben ist. Er fragt seinen Bruder um Rat. Und der sagt: Weißt Du noch, dass Mutter zweimal ihren Vornamen geändert hat, während wir Kinder waren?
"Carré 35" ist eine Mischung aus Dokumentarfilm und Essay, persönlichen Erinnerungen und offizieller Geschichtsschreibung. Irgendwann mischen sich unter die Super-8-Bilder, die die Eltern am Strand zeigen, oder wie sie sich mit ihren Freunden amüsieren, kleine Stücke aus alten Wochenschauen, die ein ganz anderes Bild von Marokko zeigen, das von Aufruhr, Festnahmen und Gewalt beherrscht wird. Es gab in dieser Ära, als die Kolonialzeit endgültig vorbei war und Marokko um seine Unabhängigkeit von Frankreich und Spanien kämpfte, offensichtlich auch schon zwei Wahrheiten.
Eine ganze Weile möchte man die Sehnsucht dieser Frau, sich selbst neu erfinden zu dürfen, verteidigen. Caravaca dämmert bald, dass Christine Trisomie 21 hatte - und die Eltern sehr unterschiedlich mit dieser Wahrheit umgehen.
"Carré 35" rührt an unserem Umgang mit Vergangenheit und Verdrängung. Wie eine Gesellschaft sich ihre Tabus schafft und eine persönliche Tragödie zum Unaussprechlichen wird, läuft ineinander. Es ist ein melancholischer, bewegender Film geworden, der mehr Fragen stellt als er beantwortet. Aber in einem Punkt ist sich Caravaca ganz sicher: Frei ist man erst, wenn man mit der Vergangenheit im Reinen ist. Seine Mutter hat sich vielleicht neu erfunden - aber als fragiles Konstrukt, das sie mit emotionalen Mauern schützen muss.
- Süddeutsche Zeitung, Susan Vahabzadeh
CARRÉ 35
„Alles beginnt mit einem Friedhof in der Schweiz“, heißt es aus dem Off zu Beginn von Éric Caravacas extrem persönlicher Suche nach seiner toten Schwester Christine, die der französische Schauspieler in seinem ersten Dokumentarfilm verarbeitet hat. Ursprünglich war Éric Caravaca (Hotel Marysol), der in seiner künstlerischen Vergangenheit bereits Hauptrollen bei Größen des europäischen Autorenkinos wie Patrice Chéreau, Constantin Costra-Gavras oder Werner Schroeter innehatte, gerade nur mit einem Filmteam beim Drehen unterwegs, als er sich angezogen durch eine seltsame Mixtur aus Traurigkeit und Neugier plötzlich im Friedhofsbereich für Kindergräber wiederfand, was ihn innerlich stark aufrüttelte und im Grunde anschließend regelrecht dazu zwang, sich noch einmal eingehender mit seiner eigenen Familiengeschichte zu beschäftigen. Im Speziellen mit der seiner früh verstorbenen Schwester Christine, die er selbst nie kennengelernt hatte.
Mit drei Jahren soll sie gestorben sein, hieß es bisher immer aus dem Munde seiner Eltern. Ihr junges Leben stand außerdem anscheinend von Beginn an unter keinem guten Stern: „Sie hat bei der Geburt nicht geschrienen. Sie litt unter einem Herzfehler. Abends hat sie zum Schlafen eine Sauerstolasche gebraucht“, erklärt ihm seine sichtlich nach Worten ringende Mutter zu Beginn von Carré 35 vor der Kamera. Später diagnostizierten die Ärzte Zyanose (Blausucht) bei Christine. Eine seltene Krankheit, woraufhin der Regisseur selbst weiter im Netz recherchiert: Wann tritt sie auf? Und in welchen Verbindungen zu anderen Krankheiten ist sie bekannt?
Christines – und damit auch Caravacas Mutter – fühlt sich durch das plötzlich entfachte Interesse ihres Sohnes Minute um Minute mehr bedrängt. Sie selbst besitzt heute kein einziges (Bewegt-)Bild mehr von Christine. Für sie lebt ihre verstorbene Tochter schon lange nicht mehr, nicht einmal in ihrer Erinnerung. Stattdessen versucht die Mutter des Regisseurs mit dieser schweren innerfamiliären Tragödie bloß irgendwie ihren Frieden zu schließen. Auf Nachfragen antwortet sie mit Pausen, Tränen oder seltsam schroffen Sätzen: „Die Fotos habe ich verbrannt. Die Filme habe ich verbrannt. Ich habe alles verbrannt“.
Gegenüber der spürbaren Aufrichtigkeit des Regisseurs und gleichzeitig ihres Sohnes, der schlichtweg mehr Licht ins Dunkel bringen und sich seine tote Schwester dadurch irgendwie konkreter imaginieren möchte, reagiert die Mutter wiederum überwiegend krude, fast herzlos. „Was willst du mit einem Foto? Es beweinen?“
Und so begibt sich Éric Caravaca im nächsten Schritt auf die Suche nach der Grabstätte von Christine. Auf dem titelgebenden Carré 35 im französischen Friedhof von Casablanca soll sie 1963 begraben sein. „Carré 35 gibt es hier nicht“, erwidert ein Friedhofsmitarbeiter trocken. Trotzdem Tndet er später doch noch das Grab seiner toten Schwester, das wiederum ohne Foto, dafür allerdings auffällig gepuegt ist, obwohl sei- ne beiden Eltern nach eigenen Aussagen seit dem Tag der Bestattung nie mehr auf diesen Friedhof zurückgekehrt sind. Als der Regisseur kurz danach erfährt, dass Christine in Wirklichkeit das Downsyndrom hatte und sich seine nach Frankreich ausgewanderten Eltern an ihr früheres Leben zwischen Marokko und Algerien keineswegs gerne zurückerinnern, werden die Fragen des Filmemachers nicht weniger ...
Carré 35 ist ein ebenso stilles wie kluges und jederzeit aufrüttelndes Dokumentaressay über Menschlichkeit in Zeiten des Todes und Krankheit unter dem Deckmantel von Zeitgeschichte und Gesellschaftsmoden. Zugleich ist Éric Caravaca starkes Dokumentardebüt die filmisch facettenreiche Auseinandersetzung eines diskursiven Autorenfilmers mit einer Vielzahl von Familiengeheimnissen aus postmigrantischer Perspektive, die wiederum spürbar in die komplizierte (post-)koloniale Geschichte Frankreichs eingebunden sind.
Dabei schwebt Verdrängung als zentraler Begriff über diesen 67 dicht komponierten Minuten, in denen gleich mehrere Wunden – persönlicher wie nationaler Art – aufgerissen werden. Was bleibt sind weniger die Antworten, sondern in erster Linie die brennenden Fragen nach Identität und Humanität zwischen den 1930er und 1960er Jahren in einem tief verunsicherten Kontinent namens Europa, aus dem die Grande Nation keinesfalls als strahlende, sondern mehrheitlich herzlose Siegermacht hervorgegangen ist.
- Kino-Zeit, Simon Hauck
CARRÉ 35
Der französische Schauspieler Éric Caravaca stößt auf der Suche nach einer unerklärlichen Traurigkeit auf die Spuren einer älteren Schwester, die noch vor seiner Geburt gestorben ist und auf dem Friedhof in Casablanca begraben wurde.
Wenn in der eigenen Biografie plötzlich unerklärliche Leerstellen auftauchen, zeigen sie sich weniger als bloße Lücken denn als Abwesenheiten mit großer Sogwirkung. Ihnen zu folgen, kann das eigene Fundament in Frage stellen. Auf eine solche ebenso bedrohliche wie unerlässliche Suchbewegung lässt sich der französische Schauspieler Éric Caravaca in seinem dokumentarischen Essayfilm „Carré 35“ auf beeindruckende Weise ein.
Bei Dreharbeiten auf einem Schweizer Friedhof überkam ihn angesichts eines Kindergrabs plötzlich eine unverortbare Traurigkeit. Dass er eine ältere Schwester hatte, die noch vor seiner Geburt starb, wusste er aus ein paar Nebensätzen seiner Eltern, an die er sich kaum erinnern konnte. Nach ihr zu fragen, war bislang undenkbar; zudem hatte seine Mutter alle Bilder der Schwester verbrannt. Erst durch das filmische Medium findet Caravaca schließlich den Mut, seine Angehörigen mit diesem traumatischen Verlust zu konfrontieren.
Warum wurde der Tod der Schwester verschwiegen?
Was zunächst wie eine sehr persönliche Aufarbeitung der eigenen Familiengeschichte wirkt, erfährt im Kontext der französischen Kolonialherrschaft eine viel umfassendere Dynamik: Warum starb die Schwester so jung in Casablanca, obwohl die Eltern Marokko bereits verlassen hatten, um nach Frankreich zu emigrieren? Und welche Rolle spielte dabei eine mysteriöse Krankheit, die eigentlich nur als Nebeneffekt des Down-Syndroms auftreten kann?
Caravaca folgt den Widersprüchen, in die sich Mutter und Vater bei ihren Erzählungen verstricken, und erzeugt durch assoziative Montagen eine erstaunliche Spannung, fast wie in einem Kriminalroman. Dabei verlässt er sich nicht nur auf die literarische Qualität seines von ihm selbst gesprochenen Off-Kommentars, sondern auch auf eine untrügliche Sensibilität im Umgang mit Bildern der Abwesenheit, die zur Stimme in Bezug treten. Eine dunkle Tür in einer weißen Mauer, Nebelschwaden, die das Meer in eine irreale Szene tauchen: die familiären Deckerinnerungen werden auch visuell von Leerstellen heimgesucht.
Von „Vorkommnissen“, über die nicht gesprochen wird
Sie ziehen andere Bilder an, die ebenfalls auf den Grund des Vergessens hinabgesunken sind, allerdings in kollektiver Hinsicht: Wochenschaubilder von französischen Soldaten, die in Algerien und Marokko foltern und morden, industrielle Schlachthöfe, die auf eine Gewalt verweisen, welche nicht nur den Tieren gilt. Es gibt eine Parallele zwischen der politischen und der familiären Amnesie, das macht Caravaca deutlich. Nach den straflos gebliebenen, namenlosen Kriegen, die nur als „Vorkommnisse“ bezeichnet werden, wagen die Kinder ihre Eltern nicht zu fragen.
Es gibt kein Grab mit der Nummer 35 auf dem Friedhof in Casablanca, und es dauert eine Weile, bis sich die letzte Ruhestätte der Schwester schließlich ausmachen lässt.
Anfangs ist der Film eine forensische Investigation nach fehlenden Fotografien und sterblichen Überresten; doch dann wandelt er sich zu einem Raum des Gedenkens und der Erinnerung, wie ihn nur das Kino herstellen kann. Erst die Anerkennung jener zahlreichen subalternen Momente der Historie lässt die gespenstische Kraft zur Ruhe kommen, die Caravacas Familie über mehrere Generationen durchzogen hat. Was Schweigen und Scham zudecken, wirkt noch lange über das Leben (und Sterben) des Einzelnen hinaus.
In seinem multiperspektivischen Blick gelingt es „Carré 35“, die Verleugnung auf der Ebene des Individuellen aufzuzeigen und zugleich auf die ausstehende gesellschaftliche Debatte zu verweisen, welche die Verbrechen aus der Kolonialzeit zur Sprache brächte.
Ein Medium der Erfahrung
Anders als Sarah Polley in ihrem ebenfalls hervorragenden Film „Stories We Tell“ macht Caravaca die Mechanismen von Erinnerung und Verdrängung auch in ihren kollektiven Dimensionen sichtbar, weil er Home-Videos und Interviews mit Nachrichtenbildern und wenig bekanntem politischen Propaganda-Material verbindet.
Vielleicht verfügt Éric Caravaca als Schauspieler ähnlich wie Sarah Polley über einen besonderen Sinn dafür, nicht nur für die Zuschauer, sondern auch für seine eigene Familie zu einem Medium der Erfahrung zu werden. In dem Drama „Sein Bruder“ von Patrice Chéreau hatte Caravaca vor Jahren schon eine Figur gespielt, die sich mit dem unerklärlichen Tod ihres Bruders auseinandersetzen muss, und auch sein eigener Debütfilm als Regisseur, „Hotel Marysol“, handelte von einem Sohn, der mit dem Suizid eines unbekannt gebliebenen Familienangehörigen konfrontiert wird.
„Carré 35“ zeigt, wie nah sich dokumentarisches Arbeiten und Fiktion im Bereich des Filmischen kommen können, ohne unscharf zu werden oder historische Fakten zu verdunkeln. Im Gegenteil: Selten war (Familien-)geschichte gesellschaftlich so erhellend.
- FilmDienst, Silvia Bahl
KRITIK ZU CARRÉ 35
In seinem ersten Dokumentarfilm spürt der Schauspieler Éric Caravaca einem Familiengeheimnis nach
Erstaunlich, wie viel nach all den Jahren noch erhalten ist von der Szenerie, in der sich diese verdrängte Geschichte zugetragen hat. Die Treppe vor dem Rathaus in Casablanca, auf der wir die frisch vermählten Eltern sehen, hat sich überhaupt nicht verändert. Auch die abweisende Mauer mit dem schwarzen Tor, hinter der die Familie einst lebte, steht noch. Das Fenster zum Hof, dem sich die Kamera regelmäßig mit banger Neugier nähert, ist immer noch vergittert. Sogar die Grabstätte Nummer 35, die erst nicht auffindbar ist, wird von unbekannten Händen gepflegt.
Der Schauspieler Éric Carava, aus Filmen von Patrice Chéreau und François Dupeyron sowie aus Theaterinszenierungen von Thomas Ostermeier bekannt, geht in seinem ersten Dokumentarfilm einem Geheimnis auf den Grund, das seine Eltern viele Jahrzehnte hüteten. Nie wurde zu Hause darüber gesprochen, dass er eine ältere Schwester hatte, die 1963 im Alter von drei Jahren an Blausucht starb, einer seltenen Herzerkrankung. Christine, das anhängliche Mädchen, dessen blaue Augen ganz nach dem Vater kamen, litt am Downsyndrom. Ihre Tragödie spielte sich in einem anderen Leben ab, als die Eltern noch in Marokko und Algerien wohnten. Sie hatten wohl gehofft, die Erinnerung an sie könne in den Wirren der Unabhängigkeitskriege verloren gehen, die in den damaligen Kolonien tobten. Aber abschließen konnten sie dieses Kapitel nie. Wie sollte das auch möglich sein?
Nun verlangt ihr liebender Sohn, der drei Jahre nach Christines Tod geboren wurde, Antworten auf die Fragen, die sie sich nie stellen wollten. Érics Mutter weigert sich zurückzublicken. Sie will nicht verhört werden. Sie kann es nicht verhindern, dass ihre Stimme bricht. Érics Vater schiebt zuerst die Betroffenheit der Mutter vor, dann lässt sich sein eigener Schmerz nicht mehr verleugnen. Caravaca lässt nicht locker; bereits sein schönes Spielfilmdebüt »HOTEL MARYSOL« spürte 2005 einer unbewältigten Vergangenheit nach.
In nur 67 Minuten entwickelt »CARRÉ 35« eine traurige Dringlichkeit. Der Dokumentarfilm kennt keine Bildernot, sie ist vielmehr sein Thema. Die Mutter hat alle Fotos von Christine verbrannt, ließ nur eines für ihr Grab übrig, zu dem sie nie wieder zurückkehrte. Heute fehlt auch dies letzte Abbild, sein Platz auf dem Stein ist leer. Caravaca nimmt sich das Recht, seinen Vater auf dem Totenbett zu filmen. Er lässt seine intime Chronik einer Auslöschung weitere Kreise ziehen, bindet den kolonialen Hintergrund ein, stößt dabei auf eine nationale Kultur der Verdrängung. Kurz bringt er die Bedrohung filmischer Überlieferung ins Spiel und überdenkt dann seine eigene Verantwortung als Vater: Er will ein Gespenst vertreiben, damit nicht auch die nächste Generation der Caravacas mit ihm leben muss. Derweil darf er entdecken, dass andere das Andenken an Christine bewahrt haben, Verwandte, eine Freundin, die ehemaligen Hausangestellten. Sie verstanden besser als die Familie, dass darin eine Art von Erlösung liegt.
- epd film, Gerhard Midding
CANNES FILM REVIEW: PLOT 35
Small is rather beautiful, and also deceptively deep, in Eric Caravaca’s family-history documentary “Plot 35.” Across its slender 65-minute running time it packs the emotional resonance of many a longer feature, if only because, as much as it does describe an arc of change (by its close, there is a photograph on a gravestone where previously there was a gaping absence), it also understands that not all questions have satisfactory answers, and no matter how directly we confront our loved ones, they are their own people, and their secrets belong to them. “Plot 35” doesn’t just explore a family tragedy — it explores the tragedy of family, the way that loving our parents is not the same as understanding them, just as for them, loving their children does not always mean telling them the truth.
It’s noteworthy that Caravaca is an established French actor (he also heads up Philippe Garrel’s Cannes Directors’ Fortnight title “Lover for a Day”), as the film’s closest analog is probably the wonderful “Stories We Tell,” by Canadian actor-director Sarah Polley. Perhaps there is something in an actor’s nature that gives the exploration of family secrets such a keen edge. But Caravaca’s film could just as well have been titled “Stories We Don’t Tell”: The “plot” of the title is in a graveyard in Casablanca where he believes his sister, Christine, who died as a child, is buried, but he is fascinated not so much by the story of her short life as by the systematic erasure of it from their family history by his parents. Caravaca, who is present in the solemn, sonorous voiceover and as the offscreen interlocutor in interviews with family members, sets out to investigate why Christine’s death was the source of so much shame and obfuscation.
Almost immediately, he runs into dark revelations and blank contradictions, some of which are red herrings, some of which point to sinister undercurrents: There is no plot number 35 in the graveyard; his mother claims that Christine lived to three years of age, while his father, who dies during the process of the film’s creation, claims it was only four months, and travel documents imply that neither parent was present when the girl died. Not all of these contradictions are, or ever will be, fully reconciled.
In the course of his investigation he weaves in allusions to Algerian, Moroccan and French colonial history, comparing the deliberate national policy of forgetfulness that followed the Algerian war of independence to the abrogation of Christine’s memory, though never bombastically so. He also displays a cinephile’s faith in the filmed and photographed image: There is no Christine in large part because there are no pictures of her and no 8mm home video footage of her. All of it was burned by his mother, whose explanation for this extreme course of action, “What should I do, cry over it?” is, like many of her replies, no real explanation at all.
This “pics or it didn’t happen” attitude, like many of the more tenuous connections between the intimate and the epic here, is only obliquely spelled out. Caravaca’s impulse is always toward the associative, the impressionist and the poetic rather than the literal. But it is present in his obsessive examination of his parents’ home movies as well as in shocking newsreel footage of atrocities during the Algerian war of independence and in grotesque images from Nazi propaganda movies extolling the “moral duty” that is euthanizing the handicapped. By resurrecting this footage — of his parents when young, happy and carefree, of mutilated anonymous soldiers dying in the muck and of physically deformed and otherwise afflicted, doomed children — Caravaca, like the cinema archive he visits at one point, is restoring these neglected images, as if in so doing he can save all the people they portray from the flames of history too. The evocative, intimate “Plot 35” is a tiny but valuable act of unforgetting.
- The Variety
Biografie
Biografie
Eric Caravaca
A former student of the prestigious National School of the Arts and Techniques of Theatre (la Rue Blanche) and of the French National Academy of Dramatic Arts (le Conservatoire National) in Paris, he has performed on stage in productions by Philippe Adrien, Alain Françon or Thomas Ostermeier.
He made his film debut in Diane Bertrand’s A Saturday on Earth (Cannes, Un Certain Regard, 1996). In 2000, he was awarded the César for Most Promising Actor for his performance in François Dupeyron’s C’est quoi la vie?. He worked again with Dupeyron for his films The Officers’ Ward (César nomination for Best Actor in 2002) and Inguelezi (2004).
A favourite of art house film directors, he works with Jean-Pierre Limosin, Siegrid Alnoy, Werner Schroeter and in 2003 he stars in Patrice Chéreau’s His Brother.
He then directed his first film The Passenger, which was presented at the Venice Film Festival Critics’ Week in 2005, won the Jury Grand Prize and the Audience Award at Belfort Film Festival and Best Director Award at Ourense Film Festival. After starring in two socially conscious films in 2006, Lucas Belvaux’s The Right of the Weakest and Laurent Herbiet’s The Colonel, he moved on to a lighter tone in Catherine Corsini’s Ambitious, Jérôme Bonnell’s Waiting for Someone and Josiane Balasko’s A French Gigolo.After that, he shoots with Costa-Gavras, Cédric Anger, Julie Lopes Curval and returns to more tragic performances in Jean-Pierre Denis’ Here Below (2012), Alexandre Arcady’s 24 Days (2014) and Pol Cruchten’s Die Räuber (2015). Lately he has worked with Matthieu Delaporte, Antoine Cuypers, and stars in Philippe Garrel’s Lover for a day, selected at the 2017’s Directors’ Fortnight.
As a screenwriter, he has written his own films and collaborated on a script based on Arnaud Cathrine’s novel Je ne retrouve personne, for the French television network Arte.
Besides, Eric Caravaca has been exploring photography for many years and his work is exhibited and published.
Regiestatement
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Festivals
Festivals und Preise
Preise
- Festival Imagesanté, Belgium (Second Prize and Prix de la Province de Liège)
- Festival d'Annaba du Film Méditerranéen, Algeria (Annab d'Or for Best Documentary)
- FIFF Tübingen, Stuttgart (Bester Film)
- Festival Intl du film Francophone de Namur (Audience Award for best documentary)
2018
- Institut Français du Maroc, Special screenings
- Istanbul International film Festival
- Ecrans du Réel, Beyrouth
2017
- Festival International du Film Francophone de Namur
- Athens International Film Festival
- El Gouna Film Festival
- Fête du Cinéma Français au Portugal
- Mostra Internacional de Cinema Sao Paulo
- Cinemania, Francophone Film Festival in Montréal
- Cairo European Film Festival
- DOC NYC
- IDFA - International Documentary Film Festival Amsterdam
- 17ème Festival Cinéma Méditerranéen de Bruxelles
- 35. Filmfest München
- 70. Festival de Cannes, Special Screenings (Weltpremiere)
Pressematerial
Pressematerial
Jetzt im Kino
Jetzt im Kino
PREVIEWS / FESTIVALS / PREMIERE / FILMGESPRÄCHE
am 19.11.2018 WIESBADEN - exground Filmfest
Kinostart: 31.01.2019
BERLIN
31.01. - 06.02.2019 fsk-Kino
31.01. - 06.02.2019 Lichtblick-Kino
DÜSSELDORF
01.09. + 08.09.2019 Black Box - Kino im Filmmuseum
HANNOVER
02.03. - 06.03.2019 Kino im Künstlerhaus
HEIDELBERG
am 14.03.2019 Karlstorkino
MÜNCHEN
25.02. - 27.02.2019 Werkstattkino
NÜRNBERG
31.01. - 13.02.2019 Filmhaus
RADSTADT-SALZBURG (AT)
07.11. - 11.11.2919 Filmfestival Radstadt
WIEN (AT)
25.03. - 12.05.2019 Breitenseer Lichtspiele